Als die Burgunder 413 ihr Reich am Oberrhein gründeten, verlegten die Römer den Sitz der gallischen Präfektur von Trier nach Arles. Dadurch wurde die römische Beamtenschicht in Germanien praktisch abgeschnitten vom Römischen Kernreich und floh in die Provence. In dieser Zeit des Übergangs von der römischen zur Fränkischen Herrschaft in Gallien, war Lerinum eine Stätte der Bewahrung der antiken Geistigkeit und wurde zum Durchgangskloster für geflüchtete oder vertriebene Adelige zu südgallischen Bischofsämtern. Die Suche nach einer gesicherten Existenz, basierend auf antike Lebensbildern in Zeiten der Völkerwanderung, war ein wichtiger Grund für die rasche Verbreitung des monastischen Lebens.
Honoratus von Arles (* vermutlich in Trier bis † 16. Januar 429)
Der heilige Honoratus von Arles entstammte einer nordgallischen Senatorenfamilie. Er wurde Ende des 4. Jahrhunderts vermutlich in Trier geboren. Gegen den Willen der (noch heidnischen) Familie, ließ sich Honoratus taufen. Auf einer Pilgerreise nach Griechenland lernte er das Mönchtum kennen. Nach seiner Rückkehr nach Gallien gründete er auf der Insel Saint-Honorat vor der heutigen Stadt Cannes das
Kloster Lerinum (bzw. die Abtei Lérins).
427 wurde er (gegen seinen Willen) Bischof von Arles, wo er 429 oder 430 starb. Honoratus verfasste die Klosterregel für Lérins, die „Regel der vier Väter“, die als älteste Klosterregel Galliens gilt.
Lérins wurde schnell zu einem der bedeutendsten Häuser des abendländischen Mönchtums. Der Einfluss den Lérins auf die Entwicklung Burgunds, dem Fränkischen Reich und Europas hatte, kann nicht überschätzt werden. Die von Lérins geschult- und geprägten Edlen wurden in Klöster geschickt, wo sie wiederum adlige Mönche anlernten. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass in Frankreich dieses „old-boys-network“ in den Grandes Ecoles bis heute überlebt hat.
Einer der frühen Absolventen Lérins war der
Heilige Patrick von Irland.
Patrick war der Sohn christlicher römischer Gutsbesitzer in Britannien. Papst Coelestin I. soll Patrick 432 als Bischof nach Irland gesandt haben. Zur Vorbereitung studierte er Theologie in der Abtei Lérins. Verbürgt ist Patricks Eintreffen in Irland zusammen mit 24 Gefährten im Jahr 432, wo er jahrzehntelang erfolgreich als Missionar wirkte.
Patrick gründete Klöster, Schulen und Kirchen im ganzen Land, darunter als Mutter-kirche die Kathedrale von Armagh, und übte seine Missionstätigkeit bis zu seinem Tod 461 aus.Patrick hatte aber nicht nur seine Religion mitgebracht, sondern auch seine Bildung und es ist nicht sicher, ob ohne sein Wirken, die iro-schottischen und angelsächsischen Wandermönche hundert Jahre später aufgebrochen wären, um in Germanien zu missionieren.
Von Saint Jacques de Tarentaise, Bischof von Tarentaise † 429 bis Saint Agricol d’Avignon, † 700, Bischof von Avignon wurden alleine 14 Heilige Bischöfe in Lérins ausgebildet. Dabei wurde das monastische Leben auf der Insel in den folgenden Jahrhunderten mehrfach durch Überfälle, vor allem von Sarazenen und anderen Piraten, unterbrochen. Das war auch nicht verwunderlich, denn in unmittelbarer Nähe von den Lérins Inseln, nahe dem heutigen Fréjus, hielt sich von 888 bis 972 eine Sarazenengruppe in der Bergfestung Fraxinetum, die von hier aus Plünderungszüge und Sklavenjagden im westlichen Alpenvorland, der oberen Poebene, Sardinien, Korsika und den Balearen durchführten.
Im Jahr 1400 wurde die Abtei Lérins von genuesischen Piraten geplündert und 1635 von den Spaniern erobert, die die Mönche vertrieben. Trotzdem behielt Lérins einen großen Einfluss: So war z.B. auch Augustin Grimaldi († 1532), 1501 Abt von Lérins. Er wurde 1505 Bischof von Grasse und 1523 Herr von Monaco. Auch Jules Mazarin (1602 – 1661), war von 1642 bis 1661 als Nachfolger von Kardinal Richelieu regierender Minister Frankreichs und angeblich ab 1656 Abt von Lérins.
Fraxinetum Saracenorum
(heute La Garde-Freinet) war von 888 bis ca. 972 ein Brückenkopf der „Sarazenen“ im Königreich Burgund nahe Fréjus. Die über dem Golf von Saint Tropez gebaute Zitadelle diente als Ausgangspunkt der sarazenischen Razzien zum Zwecke der Beschaffung von Holz und dem Sklavenhandel. Hinter dem Begriff ‚Sarazenen‘ dürften sich Berber Piraten aus Andalusien verbergen.
Begünstigt wurde die Anlage von Piraten-stützpunkten durch das durch den Tod des letzten Karolingers in der Provence im Jahr 879 entstandene Machtvakuum. Von Fraxinetum stießen die Mauren 930 nach Grenoble, bis Vienne, Asti und sogar 939 bis St. Gallen vor, besetzten die Alpenpässe (960 Großer St. Bernhard) und beherrschten Teile der Provence.
Die Sarazenen waren nicht isoliert, Ehen mit lokal ansässiger Frauen und lokale Kooperationen waren gängig. U.a. schlossen die Berber Vereinbarungen mit den burgundischen Königen. König Hugo von Niederburgund und Italien († 947 und an König Konrad von Hochburgund (937–993) entrichteten sie Tribute. Aus Sicht der lateinischen Chronisten waren Sarazenen Piraten, Korsaren, Brandstifter, Schreck und Pack, eine von Wikingern und Ungarn nicht zu unterscheidende Landplage und brutale Horde.
Die Sarazenen wurden 972 vertrieben aber nicht physisch vernichtet, auch wenn viele der Besiegten getötet und versklavt wurden. Die Konvertiten durften bleiben und noch lange wurden rund um Fréjus keine Schweine gehalten.
Bilder Quellen: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Abbaye_de_L%C3%A9rins.jpg
Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_L%C3%A9rins
Martin Seeger (Google Earth)