Karl der Kühne (1433 bis 1477) galt als intelligent aber auch als impulsiv, störrisch, ehrgeizig hochmütig und maßlos. Es war Karls Traum auf den Trümmern Frankreichs ein Königreich Burgund zu errichten und anfänglich hatte er Glück. Ein Schritt zur Verwirklichung dieses Vorhabens, war die Vermählung seiner Tochter Maria mit Maximilian von Habsburg, dem Sohn Kaiser Friedrichs III. Zusammen mit England wollte er den französischen König Ludwig XI in die Zange nehmen. Es wird vermutet, dass sich Karl und Kaiser Friedrich 1473 in Trier trafen, um die Erhebung des Herzogtums zu einem Königreich zu verhandeln. Karl soll dabei den Titel eines römischen Königs und die Anwartschaft auf die Kaiserkrone verlangt haben. Nach zwei monatlichen Verhandlungen bekam Friedrich kalte Füße und verließ heimlich Trier.
Als Reaktion auf die abgebrochenen Verhandlungen unternahm ein zorniger Karl 1474 einen Feldzug gegen das Erzbistum Köln, der an der Belagerung von Neuss scheiterte. Sodann widmete er sich wieder seinem Projekt durch die Eroberung des Herzogtums Lothringen einen geschlossenen burgundischen Länderkomplex entstehen zu lassen und lies Lothringen 1475 besetzen.
Aber Karl hatte den Bogen überspannt, er hatte seine Gegner zu sehr brüskiert, sodass der französische König und der deutsche Kaiser sich momentan nicht mehr gegeneinander ausspielen ließen. Der französische König Ludwig XI., scheute den direkten Konflikt mit Burgund, schwächte das Herzogtum aber auf diplomatischem Weg wo er konnte. 1470 hatte der französischen König mit der helvetischen Eidgenossenschaft einen Neutralitätspakt abgeschlossen. Vier Jahre später unterzeichnete er 1474 den ersten Soldvertrag zwischen Frankreich und den acht eidgenössischen Orten (sowie Freiburg i. Ü. und Solothurn) in dem Ludwig der Eidgenossenschaft finanzielle und militärische Hilfe im Falle eines Krieges mit Karl dem Kühnen zusicherte. Schon im gleichen Jahr kam es zu kriegerischen Handlungen, in deren Verlauf die Niedere Vereinigung (ein Bündnis zwischen den Reichsstädten Straßburg, Basel, Colmar und Schlettstadt, den Bischöfen von Basel und Straßburg) mit einem Heer in die Freigrafschaft Burgund einzog und das burgundischen Heer in der Schlacht bei Héricourt vernichtend besiegte, während Karl der Kühne noch mit der Belagerung von Neuss beschäftigt war. Dies war der Auftakt zu den Burgundischen Kriegen.
Burgundische Kriege
Karl der Kühne hatte sich Entlastung von der Landung der mit Burgund verbündeten Engländer 1475 in Calais Entlastung erhofft. Da Karl aber zu sehr mit seiner lothringischen Gebietserwerbung beschäftigt war, konnte er den Engländern nicht helfen. Ohne die Unterstützung Burgunds konnten die englischen Truppen wenig ausrichten, weshalb Ludwig XI. im Vertrag von Picquigny den Frieden mit England erkaufen konnte, wodurch die Position Karls in Lothringen weiter geschwächt wurde.
Im folgenden Jahr unternahm Karl von der Freigrafschaft Burgund aus einen Feldzug gegen das Territorium der Eidgenossen. Zuerst plante Karl gegen Bern vorzugehen, das die treibende Kraft hinter der anti-burgundischen Liga war. Am 28. Februar 1476 nahm er nach kurzer Belagerung das von Bern und Freiburg besetzte Städtchen Grandson ein und ließ die Besatzung von 412 Mann nach bedingungsloser Kapitulation bis auf den letzten Mann hinrichten. Die kurze Zeit der Belagerung nutzte Bern, um ein größeres Aufgebot mit Zuzug aus der Eidgenossenschaft zusammenzustellen und Karl entgegenzuziehen. Am 2. März 1476 kam es zur Schlacht bei Grandson bei der Karls Truppen eine Niederlage im Kampf gegen die eidgenössische Infanterie hinnehmen mussten. Die Berner erbeuteten dabei über 400 burgundischen Geschütze.
Wenige Monate später hatte Karl in Lausanne ein neues Heer zusammengestellt und stieß erneut in Richtung Bern vor. Er schloss zuerst am 10./11. Juni 1476 die Stadt Murten ein, die von Bern zu ihrem westlichen Bollwerk ausgebaut worden war und über 2000 Mann bernische Besatzung beherbergte. Da Karl dabei auch die Grenzen des alten bernischen Gebiets verletzte, trat nun die Eidgenossenschaft in Erfüllung des Bündnisses mit Bern in den Krieg gegen Burgund ein. Durch die Belagerung Murtens blieb der Eidgenossenschaft genügend Zeit, ein Heer aller Orte und Verbündeten zusammenzustellen und Karl entgegenzuziehen. In der Schlacht bei Murten am 22. Juni 1476 brachten sie dem Burgunderherzog die bis dahin schlimmste Niederlage bei. Rund 10.000 Burgunder wurden getötet und die Eidgenossen stießen weit in die vom Herzogtum Savoyen beherrschte Waadt vor. Dies zwang Karls Verbündete, Herzogin Jolanda von Savoyen, im Juli 1476 zum Friedensschluss.
Die Schlacht von Nancy
Karl der Kühne kehrte nach Burgund zurück und wandte sich im Herbst 1476 abermals mit einem neuen Heer gegen das Herzogtum Lothringen. Erneut ließ er sich auf eine aufwändige Belagerung ein, diesmal der lothringischen Hauptstadt Nancy. Am 5. Januar 1477 erreichte ein von Herzog René von Lothringen angeworbenes Heer von 8000 eidgenössischen Söldnern mit dem Aufgebot der Niederen Vereinigung die Ebene bei der Stadt und zerschlugen das burgundische Heer. In den Wirren der Schlacht bei Nancy verlor Herzog Karl der Kühne sein Leben.
Am 24. Januar 1478 unterzeichneten Maximilian von Habsburg als Erbe Karls des Kühnen, Herzog René von Lothringen, Erzherzog Sigmund von Österreich, die Eidgenossenschaft sowie die übrige Niedere Vereinigung den Frieden von Zürich. Die Vertragsparteien sicherten sich gegenseitige Neutralität zu und die Eidgenossenschaft stattete Maximilian für 150.000 Gulden die Freigrafschaft Burgund zurück.
Am 19. August 1477 heiratete Maria von Burgund – die volljährige Erbtochter Karls des Kühnen – Maximilian von Habsburg, den Sohn des römisch-deutschen Kaisers Friedrich III., mit dem sie bereits seit 1475 verlobt war. Dadurch wurde das Herzogtum, das nach dem Tod Karls grösstenteils von Frankreich besetzt worden war, Teil des habsburgischen Hausbesitzes, nachdem es bereits zuvor teilweise unter der Lehnsherrschaft des Heiligen Römischen Reiches gestanden hatte. Im Burgundischen Erbfolgekrieg (1477–1493) setzte Maximilian einen großen Teil seiner Ansprüche auf das Erbe Karls des Kühnen zunächst mit einem Sieg in der Schlacht bei Guinegate (1479) durch, während Frankreich lediglich die Picardie und das eigentliche Herzogtum Burgund halten konnte. Als Maria von Burgund 1482 verstarb, ging das burgundische Erbe endgültig an die Habsburger über. Seinen Anspruch auf Flandern konnte der vormundschaftlich für seinen minderjährigen Sohn Philipp regierende Maximilian aber erst am Ende des Burgundischen Erbfolgekrieges mit dem Vertrag von Senlis (1493) endgültig durchsetzen. Durch den Gewinn eines Großteils des ehemaligen burgundischen Staats wuchs die Machtposition der Habsburger deutlich, doch es entstand ein latenter Konflikt mit Frankreich, der bereits wenige Jahre später während der Italienischen Kriege offen ausbrach und zu einem jahrhundertelangen habsburgisch-französischen Gegensatz führte.
Die Schlacht von Nancy war auch das Ende des kriegerischen Rittertums. Der Erfolg der Eidgenossen basierte auf der Taktik des Gewalthaufens und der Nutzung von Rossschindern, eine Stangenwaffe, die als Waffen gegen Kavallerie vorgesehen war. Die Schlagkraft des schweizerischen Fussvolks aus Pikenieren und Hellebardieren bewog diverse europäische Herrscher inklusive Papst dazu, bis ins 19. Jahrhundert Söldner aus der Schweiz anzuwerben. Die zeitgenössische Wahrnehmung der Eidgenossen war die einer „geldgierige „Kampfmaschinen“. Die Schlacht von Nancy markiert das Ende der schweren Kavallerie was wiederum dem Rittertum und damit dem Ritteradel die Grundlage entzog, zumal Söldnerheere schneller, effektiver und billiger zu haben waren. Der Niedergang des Rittertums markiert das Ende des Mittelalters und des burgundischen Herrschaftssystems, der Allianz zwischen dem Adel und Klerus zur Beherrschung der freien Bauern bzw. Bürger.
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