Karl der Große (*747 bis † 814)
war ab 771 König des Fränkischen Reichs und an Weihnachten 800 erlangte er als erster westeuropäischer Herrscher seit der Antike die Kaiserwürde, die mit ihm erneuert wurde. Karl führte seine Eroberungsfeldzüge gegen die Sachsen, Sarazenen und Awaren, was das Burgund wenig tangierte, wohingegen Karls Unterwerfung des Langobadenreiches, welches an Burgund grenzte, dem Land vorübergehend Ruhe an seiner Südost Grenze brachte. Das Riesenreich Karls konnte nur von einem wie ihm zusammengehalten werden der sich in seiner über 45-jährigen Regierungszeit 43 Jahre im Krieg befand und in seinem Leben über 80.000 km, meist zu Pferd zurückgelegt hat. Aber die Verpflichtung der fränkischen Bauern zur Heeresfolge in kriegerischen Zeiten, hatte deren wirtschaftliche Existenz und damit das Gesellschaftsmodell der Franken, der Freien (die nur und ausschließlich dem König verpflichtet waren), aufs Spiel gesetzt.
Adel und Klerus zwischen König und Freien
Mit seinem Einsatz und seiner Autorität konnte Karl das fränkische Gesellschaftsmodell, das fränkische Königtum zu einem letzten, großartigen Höhepunkt führen. Kurz danach schoben sich der Adel und der Klerus zwischen König und der freien Bevölkerung. Man muss sich vor Augen führen, wie einschneidend diese Entwicklung gewesen sein musste. Die Franken hatten die römische Zivilisation adaptiert und ein christlich-römisches Königsreich etabliert. Große Teile des wenig besiedelten Europas wurden urbar gemacht, viele Wälder gerodet, Sümpfe ausgetrocknet. Die Klöster verfügten über das Know-how und über die notwendigen Flächen, um die Dreifelderwirtschaft, Langstreifenflure und verbesserte Pflugtechniken unter Einsatz von Zugtieren einzuführen.
Ihr wirtschaftlicher Erfolg machte die Klöster und den christlichen Glauben populär bei der Bevölkerung (Gott gibt den seinen!), aber auch bei dem Landadel: disziplinierte Mönche (ohne legitime Nachfahren) und produktive Klosterbetriebe machten das gesamte Land attraktiver und wertvoller. Begünstigt auch durch klimatische Veränderungen konnte die Bevölkerung wachsen und ernährt werden. Das Kloster aber wurde zu einem unaufhaltsamen Erfolgskonzept, das sich ab dem 9. Jahrhundert anschickte, ganz Europa zu reformieren.
Benedikt von Aniane, (geboren vor 750 in Südfrankreich, gestorben 821 in Kornelimünster bei Aachen) war ein Reformabt, der im Jahr 817 alle Klöster des fränkischen Reiches der Benediktinerregel unterstellte. Das Aachener Konzil (zwischen den Jahren 816 und 819) schrieb die Regel und eine von Benedikt verfasste Consuetudo, das Capitulare monasticum, als alleinverbindliche Mönchsregel fest. Daneben entschied das Konzil auch die deutliche Trennung zwischen Mönch und Kanoniker. Diese Entscheidungen waren die Grundlage für die spätere Form und Bedeutung der benediktinischen Orden:
- Die Benediktus-Regel wurde die alleinige Regel im Frankenreich. Karl der Große ließ sich kurz nach 787 eine Abschrift von der damals noch erhaltenen Urschrift aus dem Kloster Monte Cassino machen. Diese Abschrift wird das Aachener Normalexemplar genannt. Durch das Werk Benedikts von Aniane wurde Benedikt von Nursia zum Patriarchen des abendländischen Mönchtums.
- Mit der Benediktus-Regel wurde die extreme Askese der kolumbanischen Klöster durch die benediktinische ersetzt.
- Die großen Klöster – Luxeuil, St. Benoit, Corbie, Fulda, Reichenau, St. Gallen, Lorsch – erhielten innere und äußere Schulen.
Große Grundherrschaften dem Kleinbauerntum weit überlegen
Die Klöster demonstrierten auch, dass große Grundherrschaften dem Kleinbauerntum weit überlegen sein konnte. Die höheren Ernteerträge vergrößerten den ökonomischen Vorsprung und vergrößerte den Machtanspruch der geistigen und wenig später auch der adligen Grundherrschaften. Daraus entwickelten sich vielfältige Formen der Landleihe, die „Freien“ Franken verschwanden allmählich und der Landadel gewann zunehmend an Macht.
Der Adel erlangt die Macht…
Karl der Große und sein Nachfolger Ludwig der Fromme hatten noch vergeblich Maßnahmen zum Schutz der kleinen Freien ergriffen. Im 9. und 10. Jahrhundert tritt aber der politisch handelnde Adel neben Königtum hervor und schon Karl der Kahlen musste sich mit einer ständisch geprägten Gesellschaft, in der die Herrschaftsgewalt von mehreren Kräften ausgeübt wurde, abfinden. Bald würde der Adel sogar den König aus seinen eigenen Reihen wählen.
…und schwächt das zentrale Königtum
Hatte Karl der Große noch die königliche Gewalt und Gesetzgebung z.B. durch Entsendung von Sendeboten durchsetzen könne, funktionierte das bei seinen Nachfolgern nur noch eingeschränkt: der Aktionskreis der Monarchie wurde zunehmend kleiner, das Königsgut schwand. Hinzu kam, dass das zentrale Königtum den Angriffen von Normannen und Sarazenen nichts entgegenzusetzen hatte und dass die Abwehr letztendlich durch lokale „Adlige“ organisiert werden musste. Für die nächsten 1000 Jahre bekämpfen sich diese lokalen Adligen gegenseitig und gelegentlich auch den amtierenden König. Die geschichtliche Entwicklung Europas wird fortan kleinteilig und kompliziert und spielt alle möglichen Dramavarianten mehrmals durch. Ein gutes Beispiel dafür ist der Nachfolger Karl des Großen, Ludwig I, genannt der Fromme.
Bilder Quellen:
© Martin Seeger
© Martin Seeger
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Marseille