Die Franken, Teil 1: Prolog

Varus

Die Geschichte der Franken mit Publius Quinctilius Varus (46 v. Chr. bis 15.09.09 n. Chr) zu beginnen ist nicht ganz unsinnig, was hoffentlich am Ende dieses Abschnitts verständlich wird.  Varus entstammte einer der vornehmsten und ältesten Familien der römischen Nobilität. Sein Vater war überzeugter Republikaner, stand im Bürgerkrieg aufseiten der Gegner des Gaius Iulius Caesar. Seinem Sohn schadete diese Abkunft jedoch nicht, er gehörte seit Beginn seiner politischen Laufbahn zum engeren Anhängerkreis des Augustus und zu dem von Augustus geförderten Kreis von Patriziern. Und so durchlief eine für eine römischen Patrizier typische Ämterkarriere: in den Jahren 21 v. Chr. wurde er unter Augustus zum Quästor ernannt und 13 v. Chr.  zum Konsul. 7 v. Chr. versetzte man ihn nach Afrika als Prokonsul. Ein Jahr später wurde er kaiserlicher Statthalter von Syrien wo er einen der stärksten Heeresverbände des Reiches mit drei Legionen befehligte und sich den Ruf erwarb mit harter Hand und hohen Steuern zu regieren.  Als Statthalter von Syrien übte Varus auch eine Kontrollfunktion über das benachbarte Königreich Judäa aus, wo, von Roms Gnaden, Herodes der Große herrschte. Die Situation in Judäa war durch den wachsenden römischen Einfluss gespannt: Der polytheistische römische Götterkult widersprach dem jüdischen Bilderverbot und den strengen, monotheistischen Glaubensvorstellungen. 

Grausam, rücksichtslos, gewissenlos und korrupt: Kreuzigung von 2000 Juden

Kurz nachdem Herodes im Jahr 4 v.Chr. starb, kam es zur Eskalation, als der römische Finanzbeamte Sabinius nach Jerusalem reiste und dort das Vermögen des Herodes konfiszierte, den Tempelschatz plünderte und die Hallen auf dem heiligen Tempelberg in Brand setzte. Als Sabinius und seine Truppen von aufgebrachten Juden belagert wurden, musste ihm Varus militärisch zur Hilfe eilen. Mit zwei Legionen zog er nach Jerusalem und nahm viele der Belagerer gefangen, und konnte so den allgemeinen Aufstand durch energischen Militäreinsatz niederwerfen. Auf Varus’ Befehl wurden an 2000 Juden ein Exempel statuiert, indem man sie ans Kreuz schlug. Nach seiner „erfolgreichen“ Mission in Syrien wurde er in den römischen Senat berufen. Varus war ein grausamer, rücksichtsloser, gewissenloser Staatsbeamter und zudem korrupt: Velleius Paterculus berichtete, Varus habe sich in Syrien unrechtmäßig bereichert (Als armer Mann betrat er das reiche Syrien, als reicher Mann verließ er das arme Syrien). 

Ein so erfolgreicher Führer war zu höherem berufen und als Tiberius Germanien als befriedet deklarierte, wurde Varus von Augustus im Jahr 7 v. Chr. als erster offiziell berufener Statthalter in die neu kreierte römische Provinz Germanien versetzt. Sein Auftrag war es die neue Provinz Germanien durch intensivere Verwaltung zu romanisieren und in den Status einer römischen Provinz zu überführen.

Varus: römischer Statthalter Germanien

Wie Varus bald feststellen würde, waren die germanischen Stämme nicht wirklich befriedet. Noch unter der Statthalterschaft des Agrippa musste im Jahr 19 v. Chr. der gesamte Stamm der Ubier den rechten Uferstreifen des Rheins räumen und wurden auf römisches Gebiet linkrheinisch angesiedelt. Die nördlichen Nachbarn der Ubier, die Sugambrer fügten sich jedoch nicht den römischen Räumungsanordnungen und töteten den in ihr Stammesgebiet entsandten Steuerbeamten. Die daraufhin entsandte römische Strafexpedition wurde ebenfalls niedergemacht. Das war der Auftakt zu großangelegten Feldzügen gegen die Sugambrer, die erst 8 v. Chr. unterworfen werden konnten. 

Varus‘ harte Hand und hohe Steuern einigen die Germanen

Die Überlebenden wurden zwangsweise auf linksrheinisches Gebiet umgesiedelt und nannten sich fortan Cugener. Zur Zeitenwende war die Ausrichtung der Stämme nicht nur am Niederrhein in ihrer Haltung gegenüber Rom uneinig und zerstritten. Der Widerstand gegen Augustus wurde hauptsächlich von den istaevonischen Sugambrern, die sich mit den hermionischen Cheruskern verbüdet hatten getragen. Keinen Widerstand leisteten die ingaevonischen Stämme der Marser, Brukterer und Chauken. Das ändert sich jedoch als die meisten der ingaevonischen- der „fortschrittlichen“ Stämme beschloss den Aufstand gegen die römische Herrschaft zu wagen.

Was nicht nur die „Fortschrittlichen“ auf die Palme brachten, war u.a. der neue Statthalter Varus, der mit wenig Verständnis für die Situation in Germanien und maßloser Selbstüberschätzung, um 7 n.Chr. begann, das römische Steuer- und Rechtssystem einzuführen und anzuwenden.  Nach Ausweis der antiken Geschichtsbücher, war dies der Anlass für den Aufstand der Germanen unter Arminius gewesen.

Arminius

war der Sohn eines Cheruskerfürsten, wurde wahrscheinlich im Jahr 17 v.Chr. geboren und zusammen mit seinem Bruder schon als Kind nach Rom zur Ausbildung geschickt worden. Die Kinder sollten die römische Lebensweise kennen lernen und sie nach ihrer Rückkehr in Germanien verbreiten.

Im Jahre 4 n.Chr. trat Arminius auch in römische Kriegsdienste und kämpfte in verschiedenen Schlachten auf Seiten der Römer. Drei Jahre später – also etwa um 7 n.Chr. – kehrte Arminius in seine Heimat zurück und traf auf Varus den Statthalter, der seit einigen Jahren unter römischer Herrschaft stehenden Region. Vielleicht aufgrund seiner persönlichen Abneigung gegenüber Varus oder generell gegenüber der römischen Kultur, vielleicht aus Sorge um den bevorstehenden Identitätsverlust, der Werte und Lebensart seines Stammes, schmiedete Arminius ein Bündnis unter anderem aus den Stämmen der Cherusker, Marser, Chatten, Brukterer und Chauken, die schließlich im Jahre 9 n. Chr. drei römische Legionen vernichtend schlugen und Varus dadurch in den Selbstmord trieben.

Nach der Schlacht

Arminus versuchte danach ohne Erfolg sein Bündnis mit anderen Germanenstämmen zu erweitern aber bald folgten wieder Uneinigkeit und Gegnerschaft zwischen den Germanen. Tiberius, der Nachfolger Augustus, unternahm dafür mehrere Feldzügen, um die Niederlage zu rächen, doch die Expansion der Römer kam zum Erliegen und 120 Jahre später schrieb Lucius Annaeus Florus in „Epitome de Tito Livio“: „Diese Niederlage bewirkte, dass die (römische) Herrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht haltgemacht hatte, am Rheinufer ihre Grenze fand.“

Man darf nicht vergessen, dass sich die Varusschlacht während der Herrschaft Kaiser Augustus zugetragen hat, wahrscheinlich der Zeitpunkt der größten Machtentfaltung Roms.

Die nächsten zwei- bis dreihundert Jahre herrschte relative Ruhe an der Grenze.  Es gab zwar immer wieder Germanische Grenzüberschreitungen und römische Strafexpeditionen aber im Prinzip wurden die Germanenvölker entlang der Grenze, dem Rhein und des Limes hauptsächlich durch Handel romanisiert. Als es im Jahr 69 in Rom zum Bürgerkrieg kam (dem u.a. Kaiser Nero das Leben kostete) probten die Bataver unter Julius Civilis und einige der Nachbarstämme den Aufstand. Nach anfänglichen Erfolgen konnten die Römer den Aufstand niederschlagen. Danach verschoben die Römer ihre Auxiliareinheiten: Die Bataver beispielsweise wurden nach Pannonien abkommandiert.

Bis zum Jahr 89 n. Chr. hatten die Römer den Aufbau einer zivilen Infrastruktur mit der Einrichtung der Provinz Germania inferior abgeschlossen. Provinzhauptstadt wurde die ehemalige Siedlung der Ubier, Colonia Claudia Ara Agrippinesium, was viel eleganter klingt als Köln.  Auch die anderen einheimischen Stämme erhielten städtische Siedlungen: die Cugerner das oppidum Cugernorum (Xanten), die Bataver Novimagus (Nijmegen), forum Hadriani der Ort der Canninefaten (Voorburg) oder Atuatuca Tungrorum (Tongern) die Hauptstadt der Tungrer. Bald gab es überall neben den traditionellen Siedlungen, Neuanlagen nach gallo-romanischen Muster.  Diese Großbetriebe (villae rustica) betrieben intensiven Landbau und wurden auch bald von der einheimischen Oberschicht kopiert.

Bilder Quellen: 

File:Hermannsdenkmal statue.jpg – Wikimedia Commons
https://images.app.goo.gl/gnAeLex6vTxFPftB8

Datei:Varus-bernoulli.jpg – Wikipedia https://images.app.goo.gl/5y4piExJb313zDib8

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GermanenAD50.png Ziegelbrenner [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]

Quellen

https://de.wikipedia.org/wiki/Publius_Quinctilius_Varus

https://de.wikipedia.org/wiki/Arminius

Christopher Reichmann. Römer und Franken am Niederrhein. Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein. ISBN 978-3-943904-57-4

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