Dennis, oder die Macht der Dreifaltigkeit (Teil 1 von 2)
Dies ist der erste Teil der Geschichte von Dennis, u.a. ein Heiliger in dessen Persona die Götter der Antike mit der christlichen Glaubenswelt zusammenkommen, um gemeinsam großartiges zu schaffen: nicht weniger, als das Paradies auf Erden.
Dennis hatte eine schwere Geburt, ein erfülltes Leben und einen tragischen Tod. Er wurde außerehelich gezeugt, seine leibliche Mutter starb bei der Geburt und der Vater gab Dennis zu ausländischen Pflegeeltern, um dessen Existenz vor der eigenen eifersüchtigen Ehefrau geheim zu halten. Trotzdem wuchs Dennis wohlbehütet und umsorgt in Nysa auf und wurde bald zu einem -heute würde man sagen- Superstar, der die Menschen begeisterte, wo immer er auftrat. Keiner wurde mehr verehrt als er.
Sein Ende kam, als Hera, die betrogene Frau seines Vaters Zeus, seiner gewahr wurde und ihn von den Titanen zerreißen ließ. Dennis, damals bekannt als Dionysos, war jedoch, obwohl Sohn einer Sterblichen (Semele, einer Prinzessin aus Theben) – der Gott des Weins, der Fruchtbarkeit, der Ekstase und Schutzgott der dramatischen Spiele. So wie ein Weinstock im Spätherbst zurück geschnitten wird, konnte Hera, die Erdgöttin, ihn zwar zerreißen, seine Wiedergeburt im Frühjahr konnte sie jedoch nicht verhindern. Die Menschen aber feierten seine Rückkehr aus der Unterwelt im Februar/März und sein Verschwinden im Dezember. Im Rahmen dieser Feiern, den Dionysien, wurden Tragödien und Komödien aufgeführt, was zur Entstehung des Dramas führte. Während anderen Götter durch geweihte Priester in verschlossenen Tempel in geheimen Zeremonien Opfer dargebracht wurden, wurde Dionysos öffentlich im Theater verehrt. Und so verbreitete sich der dionysische Kult und die griechische Kultur fast über das gesamte Mittelmeer und mit Alexander des Großen sogar bis nach Indien.
Dionysos
Dionysos war wie kein anderer Gott. Seine Begleiter waren Naturdämonen wie Silen, Satyrn und Nymphen. Seine Anhänger, die Mäanden, Thyaden und Bacchantinnen, folgten ihm tierähnlich im Rausch, Orgiasmus und Ekstase. Er konnte seine Anbeter befreien und heilen– er konnte sie aber auch ins Verderben stürzen und zerstören.
Bacchus
Die Römer eroberten Griechenland um ca. 200 v.Chr., mussten sich jedoch deren Kultur unterwerfen und übernahmen u.a. auch deren Götter. Aus Zeus wurde Jupiter, aus Dionysos Dionysus bzw. man übernahm einen seiner vielen Beinamen: Bacchus (der Lärmende). Wobei Bacchus bei den Römern den Platz des „Liber pater“, dem ursprünglichen italischen Gott des Weines und der Fruchtbarkeit übernommen hat. In dem Namen „Liber“ steckt das Wort Liberation, Befreiung. Liber/Bacchus war der Gott des von Sorgen und Mühen befreienden Weines. Bacchus wurde schnell auch bei den Römern populär, der Bacchuskult schon 196 v. Chr. durch den Senat (Bacchanalienskandal) verboten und die Anhänger zum Tode verurteilt. Man wüsste gerne, ob das Verbot aus moralischen Erwägungen erlassen wurde (die Bacchanalien waren aufgrund des Genusses von Wein und sexuelle Freizügigkeiten, zu denen es im Laufe dieser bacchischen Orgien kam, bei Frauen wie Männer sehr beliebt) – oder aus anderen Gründen der Staatsraison, wie bei der Christenverfolgung zweihundert Jahre später.
Dionysos – Christus
Israel und die dort beheimateten Stämme wurden maßgeblich durch ihre Lage zwischen den Großreichen Ägypten im Süden und dem Zweistromland (Babylon) im Norden beeinflusst. Israel konnte sich über die Jahrhunderte in diesem Spannungsverhältnis etablieren und sogar davon profitieren. Auch deshalb wurde die Besetzung und Besteuerung durch die „Parvenus“, die Römer als unerträglich empfunden. Das Volk durstete nach einem Messias, einem Erlöser und Befreier. Jesus Christus war einer von vielen und sehr wahrscheinlich auch deshalb so populär und erfolgreich, weil ihm viele von den Eigenschaften des Dionysos zugeschrieben wurden. Er war Sohn einer Sterblichen und eines, nein – dem Gott Jahwe. Er konnte Kranke heilen, Tote aufwecken, Wasser in Wein verwandeln, Brot vermehren und er teilte Wein und Brot (symbolisch sein Blut und Fleisch) mit seinen Jüngern. Er ist auferstanden von den Toten. Alles wie bei Dionysos, mit weniger Betonung auf Wein und mehr, auf die mögliche Wiedergeburt in einer gerechteren Welt.
Paulus – Dionysos Aeropagita
Die Apostel brachen auf, um die frohe Botschaft in die Welt zu tragen. Allen voran, der aus Tarsus (heute Türkei) stammende Pharisäer und römischer Bürger, Saulus, der nachdem er zunächst Christen verfolgt hatte, sich Paulus nannte, um die Lehren Jesus Christus (oder das was er dafür hielt, denn er hatte Jesus nie zu Lebzeiten getroffen) zu verkünden. Die Bibel, das Neue Testament berichtet ausführlich über Paulus Erfolge, u.a. auch über seine Missionierungsversuche in Athen. Athen war zu diesem Zeitpunkt politisch relativ unbedeutend und lebte schon von seinem Nimbus als Wiege der glorreichen griechischen Antike. Paulus sah sich hier mit sehr vielen anderen Religionen konfrontiert, weshalb die Bibel seine Bekehrung des Atheners Dionysos Aeropagita heraushebt. Dionysos war Mitglied des Aeropag, dem obersten Rat der Stadt, wurde schließlich der erste Bischof von Athen und spielt in der Orthodoxen Kirche eine herausragende Rolle.
Dionysius, Bischof von Paris
Um 250 n Chr. schickt der römische Papst Fabianus Missionare nach Gallien; u.a. einen Dionysius, der Gregor von Tours als Bischof von Paris ablösen sollte. Paris war aber noch fest in römischer Hand und das Christentum gerade nicht populär. Der römische Gouverneur ordnete bald die Verhaftung und Enthauptung des Dionysius und seiner Begleiter an, was dann auch auf dem Richtplatz, dem heutigen Montmartre (Märtyrer Berg) vollzogen wurde. Der Legende nach erhob sich jedoch der Körper des heiligen Dionysius, nahm sein Haupt auf, wusch es in einer nah gelegenen Quelle und trug seinen Kopf in den Armen, geführt von einem Engel und von himmlischem Licht geleitet, sechs Kilometer Richtung Norden, bis zu der Stelle, wo er begraben werden wollte.