Das Papsttum im 10./11. Jahrhundert

Die Zeitspanne beginnend im Jahre 882 mit dem vom Mord an Papst Johannes VIII. (der gemäß der Legende der Päpstin Johanna eigentlich eine Frau war) bis zur Absetzung dreier konkurrierender Päpste 1046 wurde auch als „Saeculum obscurum„,  dunkles Jahrhundert bezeichnet.

Als 910 Wilhelm I von Aquitanien das Kloster Cluny gründete, war das Papsttum längst zum Spielball italienischer – speziell römischer – Adelsfamilien geworden, die danach strebten, den Stuhl Petri entweder mit einem eigenen Familienmitglied zu besetzen oder seinen Inhaber zumindest für die eigene Politik einzuspannen.

Zu den wichtigsten Konkurrenten um die Macht in Italien gehörten die Herzöge von Spoleto, die Markgrafen von Friaul und die Grafen von Tusculum. Die Sitten waren auf einem vorläufigen Tiefpunkt, als Papst Stephan VI den verwesenden Leichnam seines Vorgängers, Papst Formosus, aus dem Grab holen-, ihn nach einem Schauprozess (Leichensynode) die drei Schwurfinger abschneiden und nackt in den Tiber werfen ließ. Der Prozess löste einen Aufstand aus, Stephan VI. wurde eingekerkert und im folgenden Sommer stranguliert. Bonifatius VI., Papst im April 896 starb schon nach 15 Tagen. Sein Nachfolger Romanus im Jahr 897 Papst geworden, wurde sogleich vergiftet. Dessen Nachfolger Theodor II. war im Jahr 897 für 20 Tage Papst, in denen er eine Synode einberief, die die Beschlüsse der Leichensynode von 897 aufhob und den postum geschändeten Papst Formosus rehabilitierte. Johannes IX. war Papst von 898 bis er 900 überraschend starb und von Benedikt IV., Papst von 900 bis 903, abgelöst wurde. Leo V konnte sich nur zwei Monate halten, bevor er von Christophorus gestürzt wurde.

Aber schon im Jahre 904 marschierte Sergius III. (der seit 898 als Gegenpapst auf der Lauer lag) mit Waffengewalt in Rom ein, wurde in Übereinstimmung mit dem kanonischen Recht am 29. Januar 904 zum Papst gekrönt und ließ seine beiden Vorgänger Leo und Christophorus umbringen.

Mit dem Pontifikat des Sergius begann die Periode der später so genannten Pornokratie“, der „Mätressenherrschaft“. Unter Sergius Pontifikat fiel aber auch die Gründung des Klosters Cluny, wobei zu bezweifeln ist, dass alle Gebete der Mönche Clunys ausreichen, um die Seelen derer von Tusculum zu retten. Es ist wahrscheinlich, dass Sergius dem Haus Tusculum entstammte, was ihn nicht daran hinderte, mit seiner Geliebten

Marozia (* um 892 bis † nach 932)

Tochter des Grafen von Tusculum, einen Sohn zu zeugen, den späteren Papsts Johannes XI.  Marozias Vater der Graf Theophylakt I. von Tusculum war päpstlicher Finanzverwalter und Militärbefehlshaber und galt bald als Anführer des stadtrömischen Adels.  Merozia beherrschte in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts Rom als selbst ernannte Senatorin (Senatrix). Ab 914 beherrschte sie den Kirchenstaat, die Päpste Johannes X., Leo VI., Stephan VII. und Johannes XI. waren völlig von ihr abhängig.

Merozia war in erster Ehe mit Alberich I. verheiratet. Alberich I. (*vor 889 bis † ~920) war Markgraf von Spoleto und fränkischer (oder langobardischer) Herkunft. Er gilt als Stammvater der Tuskulaner, die im 10. und 11. Jahrhundert die Macht in der Stadt Rom innehatten und acht Päpste stellten. In zweiter Ehe war Marozia um 924 mit Guido von Tuszien verheiratet. Nach dessen Tod heiratete sie 932 dessen Halbbruder, Hugo I. von Italien. Es schien Marozia nichts auszumachen, dass Hugo im Jahr zuvor Guido von Tusziens Bruder Lambert hatte blenden lassen.  Mit Hugo von Italiens Unterstützung wollte sie, die Kaiserkrone erlangen. Wenige Tage vor der Krönung im Dezember 932 zettelte jedoch ihr eigener Sohn, Alberich II. von Spoleto, in Rom eine Revolte an, die sich sowohl gegen Hugo als auch gegen Marozia richtete. Da König Hugo anscheinend nicht sein ganzes Gefolge in Rom hatte, musste er Hals über Kopf aus der Stadt fliehen. Seine neue Frau Marozia ließ er zurück. Sie wurde von Alberich II. zusammen mit seinem Halbbruder Papst Johannes XI. sofort gefangen gesetzt und starb später in Haft. Kurz danach erhoben die Römer in einer förmlichen Wahl Alberich zum Herrn ihrer Stadt.

Alberich hatte keine Skrupel 936 Alda d. J., die Tochter seines Stiefvaters König Hugos I. von Italien zu heiraten. Über 22 Jahre war Alberich als »princeps ac senator omnium Romanorum« Herrscher über Rom und das Papsttum. Alle während seiner Regierung inthronisierten Päpste (Leo VII., Stephan VIII., Marinus II., Agapitus II.) waren von ihm abhängig.

954 ließ er zur Sicherung der weltlichen und geistlichen Herrschaft seines Hauses den römischen Adel schwören, bei der nächsten Besetzung des päpstlichen Stuhles seinen Sohn und Erben Oktavian zum Papst zu wählen. Und so wurde 955 Oktavian 14-jährig  als Johannes XII. der Nachfolger Agapitus II. und wurde zu einer der unwürdigsten Personen auf dem Papstthron. Marozias Enkel, Octavian von Spoleto (* 937 bis † 964) war als Johannes XII. ein „typischer“ Vertreter des Hauses Tusculum: Als er wegen Mordes, Eidbruchs, Ämterkaufs und Unzucht angeklagt wurde, rief er 961 den deutschen König Otto I. den Großen, zu Hilfe. Der zog nach Rom und stellte kurzfristig die Ordnung wieder her. Als Gegenleistung krönte Octavian ihn zum Kaiser. Dann jedoch hinterging Oktavian König Otto, der daraufhin wutentbrannt nach Rom zurückkehren musste. Oktavian /Johannes floh zusammen mit dem Kirchenschatz. Er starb im Mai 964 -man vermutet an den Folgen einer Auseinandersetzung mit einem gehörnten Ehemann.

Die Tusculaner stellten auch noch die Päpste Benedict VIII (1012-1024), Johannes XIX (1024-1032) und Benedict IX (1033-1046). 1044 erhoben sich die Römer endlich gegen Benedikt IX.  u.a. wegen Bezichtigungen des Abts Desiderius von Montecassino, (der spätere Papst Viktor III.) der Benedikt u.a. als einen Lüstling und Mörder bezeichnete und ihm Simonie und ein ausschweifendes Leben vorwarf. Weiter zeitgenössische Polemik kam von seinem Rivalen, Bischof Johannes von Sabina, der nach Benedikts Absetzung als Silvester III. zum Papst gewählt wurde. Auf jeden Fall sah sich Benedict IX veranlasst, sein päpstliches Amt für 1000 Pfund Silber an Johannes Gratianus Pierleoni, der sich dann Gregor VI nannte zu verkaufen. Gregor wurde am 1. Mai 1045 in das Papstamt gewählt. Später jedoch hielt Benedikt an seinem Anspruch fest, der rechtmäßige Papst zu sein. Da zur gleichen Zeit auch noch Silvester III. zum Papst erhoben wurde, regierten nun drei Päpste gleichzeitig in Rom.

Als sich König Heinrich III. 1046 von Papst Gregor VI. in Rom zum Kaiser krönen zu lassen wollte, erfuhr er von den Gerüchten, wonach Papst Gregor durch Simonie auf den Papststuhl gelangt sei. König Heinrich sah sich gezwungen, eilig die Synode von Sutri einzuberufen, die am 20. Dezember 1046 alle drei Päpste für unrechtmäßig erklärte und stattdessen Bischof Suidger von Bamberg als Clemens II. zum Papst erhob. Gregor VI musste 1046 in die Verbannung nach Köln, wohin ihn sein großer Verehrer, Hildebrand von Saona begleitete. In Köln lernte Hildebrand die politischen Zusammenhänge im Römischen Reich zu verstehen, was, für seine zukünftigen Auseinandersetzungen als Papst Gregor VII mit König Heinrich IV (Canossa!) sehr nützlich gewesen sein dürfte.

Bilder Quelle: Von Félicien Rops – The Yorck Project (2002) 10.000 Meisterwerke der Malerei (DVD-ROM), distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH. ISBN: 3936122202., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=158448

Quellen:

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