Cluny

Cluny wurde mit Urkunde vom 11. September 910 durch Wilhelm I. Herzog von Aquitanien und Graf von Mâconnais als Benediktinerkloster gegründet. Dabei verzichtete Herzog Wilhelm auf jede Gewalt über das Kloster und schloss jegliche Einmischung weltlicher oder geistlicher Gewalt in die internen Angelegenheiten des Klosters aus. Insbesondere wurde auf die wirtschaftliche Nutzung verzichtet. Das Kloster selbst wurde unter den direkten Schutz des Papstes gestellt. Für die Verhältnisse des 10. Jahrhunderts war dies eine Neuerung. Wilhelm ernannte lediglich den ersten Abt Berno und erlaubte dem Konvent danach eine freie Abtswahl. Diese beiden Neuerungen, Exemtion und freie Abtswahl, trugen wesentlich zur Entfaltung Clunys bei. Die von Cluny ausgehende geistlichen Reformen der katholischen Kirche erfassten zuerst  das Klosterleben und dann das Papsttum. Ausgelöst hatte die Reform der moralische Niedergang der Kirche im sogenannten (Saeculum obscurum) Dunklen Jahrhundert der Kirchengeschichte, als nach dem Ende des Karolingerreiches das kirchliche Leben moralisch auf einen Tiefpunkt gesunken war und sich schwere Missstände entwickelt hatten.  Die Kanzlei von Cluny war seit dem 11. Jahrhundert eine der berühmtesten Verwaltungseinrichtungen des Abendlandes. Die Reformpäpste des 11. und 12. Jahrhunderts holten sich von Cluny ihre Verwaltungsbeamten und schufen mit ihrer Hilfe in Rom die Apostolische Kammer. Von hier ging die Reform des Benediktinerordens aus. Der zweite Abt von Cluny, der

Heilige Odo (Abt von 879 bis 942)

nutzte die juristische Sonderstellung der Abtei, indem er so etwas wie ein Mönchsimperium schuf. Er vereinigte unter seiner Amtsgewalt mehrere Klöster.  Zusammen mit einer strengen Auslegung der Benediktusregel (welche die Menschen in der Umgebung von Cluny  stark beeindruckte, so dass die Zahl der Schenkungen, vor allem für ein Begräbnis in Cluny stark zunahm) machten sie Cluny zum Ausgangs- und Mittelpunkt der cluniazensischen Reform, in deren Blütezeit etwa 1.200 Klöster mit rund 20.000 Mönchen zu Cluny gehörten. Odos Nachfolger Aymard trat 954 freiwillig wegen einer Erblindung vom Amt des Abtes von Cluny zurück.  Sein Nachfolger Maiolus (Abt von 954-994) knüpfte Verbindungen zu Kaiserhof der Ottonen. Otto II hatte Maiolus für das Amt des Papstes 974 gewinnen wolle, welches dieser ablehnte. Maiolus Nachfolger Odilo (994-1048) hatte mit dem Mutterkornbrand (Antoniusfeuer) und großer Hungersnot in Burgund (1005/1006) zu kämpfen was die Position Clunys eher stärkte, denn die Katastrophen wurden als Strafe Gottes angesehen.  In dieser Zeit fingen umliegende Adelige an, Land auf dem Grund und Boden von Cluny zu befestigen und sich das Vieh anzueignen.  Odilo bat bei König und Papst um Hilfe und entwickelte als Kompromiss, das Land aus dem Klosterbesitz, gegen einen Zins an Adlige zu verleihen. Es brachte dem Kloster den Schutz dieser Lehensleute und den Adligen die Aussicht auf ein Totengedenken durch die Gemeinschaft von Cluny.

Mönch versus Kanoniker

Stiftsherren (Kanoniker) sind verpflichtet, die Tagzeiten des Stundengebets zu halten, doch unterscheiden sie sich von Mönchen in der Lebensweise, da sie in der Regel mit seelsorgerlichen Aufgaben außerhalb des Klosters beauftragt sind. Eine weltabgewandte Lebensweise wäre daher nicht in Einklang mit dieser Tätigkeit zu bringen. Stiftsherren führen auch kein Leben in Klausur. Für Stiftsherren gilt das Gebot der Besitzlosigkeit nicht. Jeder Stiftsherr darf Eigengut besitzen und wird außerdem noch mit Pfründen als Einkommensquelle ausgestattet.

Stiftsherren müssen nicht das ganze Jahr in ihrer Gemeinschaft bleiben. Sie haben nur eine „Residenzpflicht“ von einigen Monaten Dauer. Der Vorstand eines Stifts ist nicht ein Abt, sondern ein Propst; den Verwalter des Stiftes bezeichnet man als Dekan.

Mit der Wahl des Abtes

Hugo von Semur 1049 bis 1109

zum Abt am Tag „Petri Stuhlfeier“ (dem Tag an dem Petrus das Amt als Stellvertreter Christi das Papstamt übernahm) nannte sich Cluny fortan „Cluneazensis ecclesia“- Kirche von Cluny. Der wachsende Konvent und um einen angemessenen Rahmen für die herausragende Gemeinschaft von Cluny zu gewährleisten, erfordert den Bau einer angemessenen Klosterkirche (Cluny III) im Jahr 1088. Der Altar konnte schon sieben Jahre später durch den Papst geweiht werden.  1132 erfolgte nach Einsturz und Wiederaufbaus des Gewölbes die Schlussweihe. Obwohl die Clunyazenser sich der strengen Befolgung der Benediktinerregel verschrieben hatten, bauten sie (im Gegensatz zu den Zisterziensern), ausgesprochen prunkvolle romanische Kirchen. Sie beriefen sich dabei auf Bendict von Aniane, der den Gottesdienst in das Zentrum des klösterlichen Lebens stellte.

Und so wurde die Basilika St. Peter und Paul in Cluny der mit Abstand größte Kirchenbau der Christenheit, mit einem fünfschiffigen Langhaus von 187 Metern Länge, zwei Querschiffen und Gewölben mit einer Höhe von über 30 Metern und einer Spannweite von über 12 Metern.

Die Bedeutung Hugos ergibt sich aber auch aus seiner Rolle als Vermittler im Investiturstreit zwischen Kaiser Heinrich IV (dessen Taufpate er war) und Papst Gregor VII., (ursprünglich Hildebrand von Soana, Pabst von 1073 bis 1085).  Hugo befand sich 1077 ebenfalls auf der Burg Canossa, als Heinrich den Papst Gregor um die Auflösung des Bannes anflehte. Es war kein Zufall, dass Papst Gregors Nachfolger, Papst Urban II, vormals Odo, ein ehemaliger Cluneazensermönch war. Papst Urban II., war es auch, der 1095 den ersten Kreuzzug ausrief und die heilige Kirche von Cluny zum wichtigsten Träger des Kreuzzugsgedankens im Osten und der Rekonquista in Spanien wurde.

Petrus Venerabilis (Abt von 1122 bis 1156)

Mit dem Abt Petrus Venerabilis, in dessen Zeit auch die Auseinandersetzung mit Bernhard von Clairvaux und den Zisterziensern fällt, wurde Cluny noch einmal von einer herausragenden Persönlichkeit übernommen. Petrus war ein Mann großer Geduld und Güte und hatte diplomatisches Geschick. Petrus Venerabilis ist der Erste in Europa, der dem Islam gegenüber eine einigermaßen sachliche und wissenschaftliche Haltung einnahm. Die Sprachlosigkeit der Vertreter der beiden Religionen auf beiden Seiten beklagte er im Prolog seines „Contra sectam Saracenorum“ mit den Worten: „Es gab niemanden, der antwortete, weil es niemanden gab, der verstand.“

Aus diesem Grund beauftragte Petrus Venerabilis während einer Visitationsreise zu spanischen Klöstern seiner Kongregation, die Übersetzerschule von Toledo Übersetzungen anzufertigen. In den Jahren 1143/1143 bildet er ein Übersetzerteam, das ein für die damalige Zeit einzigartiges Werk verfasst, das Corpus Toletanum. In diesem Werk fand sich u.a. „Lex saracenorum“, die 1143 von Robert von Ketton vollendete Übersetzung des Korans aber auch „Contra sectam Saracenorum“, Versuch einer Widerlegung des Islam“ von Petrus Venerabilis. Petrus Venerabilis hatte vorher Bernard von Clairvaux aufgefordert eine Widerlegungsschrift zu verfassen. Das Kneifen Bernhards dokumentierte Petrus Venerabilis in seiner „Epistula de translatione sua“. Lieber als in eine rationale Auseinandersetzung mit dem Islam einzutreten, zog es Bernhard vor, den Zweiten Kreuzzug zu propagieren.

Nach Petrus Venerabilis begann Mitte des 12. Jahrhunderts der Niedergang Clunys. Es setzte eine Phase der Stagnation in der Ausbreitung des cluniazensischen Verbandes ein. Außerdem zeigten einige Klöster des Verbandes Verselbständigungstendenzen. Cluny selbst hatte zunehmend mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Der Schutz des Klosters und dessen Immunität gingen verloren. 1169 stellte sich das Kloster nach verschiedenen Angriffen unter den Schutz des französischen Königs.   Um 1250 geriet die Abtei gänzlich unter den Einfluss der französischen Könige. Cluny wurde eine Kommende, die von den Königen an verdiente Kardinäle vergeben wurde; u.a. an Richelieu und Mazarin, was dazu beitrug, dass die Klosteranlage nach der französischen Revolution bis auf geringe Reste abgebrochen wurde. Ab 1145 hieß der neue Papst Eugen III, und war ein ehemaliger Zisterziensermönch.

Bilder Quellen: Émile Sagot / Public domain

Quellen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert