Burgundischer Prolog: Massalia, Griechen, Kelten und Römer
Schon lange vor der Ansiedelung des namensgebenden Germanenstammes durch Aëtius im Jahr 443 n. Chr. war das Rhônetal das Einfallstor antiker Zivilisation und Kultur nach Europa: Außer dem Mythos der von Zeus entführten Jungfrau Europa, gibt es auch den von Protis, einem abenteuerlustigen, griechischen Händler aus Phökkien (heute bei Izmir), der um 600 vor Christus aufbrach, um in einer geschützten Bucht (an dem wegen seiner gefährlichen Mistralwinde so genannte „Golfe du Lion“) eine neue Handelskolonie zu gründen. Der Legende nach gingen die Phökäer just an dem Tag an Land, an dem die dort lebenden Ligunerprinzessin Gyptis sich ihren Bräutigam aussuchen sollte. Nach einem Tanz sollte sie einen Kelch zu Füßen ihres Auserwählten absetzen. Sie wählte den fremden Neuankömmling Protis und brachte das Land um den Hafen als Mitgift in die Ehe.
Massalia, Massilia, Marseille
Zusammen gründeten sie die Stadt Massalia, die sich bald zu einem der wichtigsten Handelszentren der Antike entwickeln sollte. Das Wort Massalia setzt sich zusammen aus dem Wort „Mas„, die provenzalische Bezeichnung für Siedlung oder Haus und dem Namen des Keltenstamms der Salluvier, die zu der Zeit dort siedelten. Schon im 4. Jahrhundert war Massalia eine große befestigte Stadt mit 6000 Einwohnern und großen Tempeln die Apollo von Delphi und Artemis von Ephesus geweiht waren. Massalia prägte seine eigenen Münzen und die Drachme fand im ganzen Süden Frankreichs Verbreitung.
Handelskolonie
Händler aus der Stadt fuhren auf der Rhône und Durance ins Landesinnere und etablierten Handelsrouten ins Burgund, der Schweiz und bis zur Ostsee. Mit der Zeit wurde Massalia so groß und bedeutend, dass es selbst Siedler ausschickte, um Handelsposten und Kolonien im Westen bis hin nach Spanien zu gründen. Um das Jahr 545 v. Chr. kamen weitere Siedler aus Phokäa nach Massalia: Es waren Flüchtlinge, die nach der Eroberung Phokäas durch die Perser, ihre Heimat verlassen mussten. Der Expansionsdrang der Griechen war aber den Punier und Etrusker ein Dorn im Auge und es gelang ihnen, in der Seeschlacht von Alalia (zwischen 540 und 535 v. Chr.) an der Ostküste Korsikas eine Flotte von 60 Schiffen der griechischen Kolonien Massalia und Alalia zur Flucht zu zwingen.
Rom übernimmt Massalia 49 v. Chr.
Nicht überraschend, gab es auch immer wieder Konflikte mit den im Umland lebenden Galliern. Im Jahre 125 v. Chr. schließlich musste Massalia die Truppen des Römischen Reiches um Hilfe gegen die Angriffe gallischer Stämme rufen. Im Laufe der Kriegshandlungen wurde das gesamte Gebiet des südlichen Galliens von den Römern als Provinz Gallia Narbonensis annektiert aber erst im Jahr 49 v. Chr., nach sechsmonatiger Belagerung, konnte Massalia erobert und in die Provinz Narbonensis integriert werden. Nachdem die Römer den Sieg errungen hatten, zerstörten sie die Flotte der Stadt und vereinnahmten alle städtischen Besitzungen. Massalia verlor langsam ihren griechischen Charakter und blieb bis zum Ende des Römischen Reiches dessen Bestandteil. 481 n. Chr. fiel die Stadt an die Westgoten, 508 an die Ostgoten, 536 an die Franken und schließlich 879 an Niederburgund. Marseille war und ist sozusagen, der Hafen Burgunds.
Die Prinzessin von Vix
Etwa zum Ende der Hallstattzeit herrschte im heutigen Norden Burgunds die Fürstin von Vix. Der Fund eines Grabhügels mit einem reich ausgestatteten Fürstengrab der frühen Eisenzeit im Norden Burgunds − die Fürstliche Grabstätte von Vix – wird heute wegen der vielen wertvollen und seltenen Grabbeigaben, besonders auch wegen des Schmucks, der gefunden wurde, einer Frau, der hypothetischen Fürstin von Vix (französisch princesse de Vix) zugeordnet. Das Grab gehört zu einer umfangreichen Ansiedlung im Übergang von der Späthallstatt- zur Frühlatènezeit und wird etwa um das Jahr 500 v. Chr. datiert.
Die beginnende Eisenzeit führte zu Veränderungen in der Gesellschaft hin zu einer deutlichen Hierarchisierung. Sogenannte „Fürstensitze“ oder Herrenhöfe, einer durch den Handel mit dem Eisen sich entwickelnden Oberschicht, entstanden Im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. Der Fürstensitz von Vix scheint einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt kontrolliert zu haben, an dem sich die Seine als wichtiger Transportweg zu Wasser und eine Route vom Mittelmeer nach Norden trafen.
Ob die Prinzessin von Vix der Ligunerprinzessin Gyptis und ihren griechischen Mann Potis über den Weg gelaufen ist, ist nicht überliefert.
Caesar schlug die Kelten im Burgund
In den Jahren 59 – 52 v.Chr. unterwarf Caesar die nördlichen gallischen Gebiete bis zum heutigen Belgien. Mit zwei Schlachten im Burgund brach er den Widerstand der Kelten: 52 v. Chr bei Bibracte, einem Oppidum der Häduer schlug er die Helvetier; 52 v.Chr. bei Alesia besiegte er den gallischen Fürst Vercingetroix aus dem Stamm der Averner und sein Heer. Als also der römische Feldherr Aëtius 400 Jahre später die Burgunder als foederati in die heutige Westschweiz und in das heutige Savoyen umgesiedelte, war Südfrankreich und das Rhônetal seit über 1000 Jahren griechisch/römisch.
Schnelle Integration
Die Burgunden integrierten sich jedoch sehr schnell und schon 451 kämpften sie an der Seite der Römer auf den Katalaunischen Feldern gegen Hunnen und Ostgoten. Danach kam es zu einer engeren Anlehnung an das Römische Reich und ab etwa 500 n.Chr. zum teilweisen Zusammenschluss mit den Franken.
Um das Jahr 506 nahm der Burgunderkönig Sigismund den christlichen Glauben an, verscherzte es sich dann allerdings mit dem Gotenkönig Theoderich und wurden von diesem 507/8 militärisch in die Schranken verwiesen. Trotzdem gelang den Burgunden bald danach unter König Gundobad eine erneute Ausweitung ihres Herrschaftsgebietes entlang der Rhône.
Die Herausbildung der burgundischen Wesenheit
Gundobad ließ 516 das in seinem Land geltende Volksrecht aufschreiben, die Lex Gundobada oder auch Lex Burgundionum, eine Mischung aus überliefertem römischen Provinzrecht und germanischen Einflüssen, die als die fortschrittlichste und humanste unter den germanischen Volksrechten gilt. Die Lex Burgundionum war ein wichtiger Faktor, für die Herausbildung einer burgundischen Wesenheit, welche die kommenden politische Entwicklungen und Grenzverläufe überdauern konnte.
Bilder Quellen:
© Martin Seeger
File:The foundation of Marseilles.jpg – Wikimedia Commons
https://images.app.goo.gl/PQeHhybcSqVenriW6
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Marseille